Eine Reparatur vergessener Geschichten

(Lilian Theweleit, Q1) Im Geschichtsprojektkurs der Q1 arbeiteten 22 Schüler*innen das Schuljahr über an der Res­tau­rie­rung eines beinahe hundert Jahre alten Films.

"Das Haus in der Trubnajastraße" ist ein russischer Stummfilm aus dem Jahre 1928, der neben Kömödie auch Propaganda des damaligen sowjetischen Regimes beinhaltet.  Ein Mädchen vom Lande steht mitten in der großen Stadt. Alleine. Und irgendwie verloren. Sie findet Unterkunft als Hausmädchen bei einem Friseur und seiner Familie. Dort muss sie hart arbeiten, unwissend über sozialistische Gewerkschaften und die Rechte, die sie als Bürger dieses Landes hat. Dies ist die Geschichte, gepackt in eine stumme Komödie.

Ein "Zeugnis der Zeit" wie Arndt Pawelczik es nennt. Herr Pawelczik ist Geschichtslehrer am Schiller und hat schon ewig eine Leidenschaft für Stummfilme. Er wusste, dass das Filmmuseum in München Freiwillige sucht, um längst verschollene Filme wieder aufzubereiten und zeigen zu können. Dies inspirierte ihn zu dem diesjährigen Geschichtsprojekt, welches er seinen Schüler*innen in der Q1 ans Herz legte. Ein experimentelles Projekt, denn nie zuvor hat sich eine Gruppe von Schüler*innen an Filmrestaurierung beteiligt.

Mit dem Programm "Premiere Pro" lernten die Schüler*innen Bild für Bild des schwarz-weiß flackernden Films von Flecken, Kratzern, Fehlern und farblosen Stellen zu befreien. Auf einigen Bildern lassen sich sogar Spuren von Klebestreifen und Zahlen, die wohl von Filmstudenten auf die Bilder gekritzelt worden sind, erkennen.  All das musste weg, jedoch ohne dass der Film seinen alten Zauber verliert. Um diese Arbeit zu erlernen, besuchte der Kurs im vergangenen Herbst das Filmmuseum in München. Während einer Vorstellung des Computerprogramms bekamen die 22 Schüler*innen einen Einblick in die Welt der Fimrestaurierung mitsamt eines Kinoabends, der traditionellerweise das Geschehen des Stummfilms begleitete.

filmrestauration02

Danach ging es an die Arbeit dem Stummfilm "Das Haus in der Trubnajastraße" aus den Tiefen des Archivs zurück in die Gegenwart zu verhelfen. Wenn jede Sekunde aus 25 Bildern besteht, besteht der 90 Minuten lange Film aus 135000 Bildern, von denen jedes einzelne repariert und überprüft werden muss. Ein Prozess, der unglaublich lange dauert und von Langeweile begleitet wird. Zum Glück musste jeder der Schüler nur 2 Minuten restaurieren, was sich erstmal wenig anhört; jedoch immer noch 3000 zu bearbeitende Bilder sind. Die Langwierigkeit war eine der Schwierigkeiten, die sich dem Projekt in den Weg stellten. Die zweite zeichnete sich schon zu Beginn der Arbeit ab: Das Programm, welches für die Restaurierung nötig war, konnte auf der Software der Schulcomputer nicht installiert werden. Deshalb arbeiteten die Schüler mit ihren eigenen Geräten an den stummen 2 Minuten.

Dem Ergebnis zu Liebe lohnt sich die langwierige Arbeit dennoch, denn in dem Film steckt viel Geschichte. Damals fuhren Züge durch ganz Russland in die abgelegensten Orte des Landes, um den Leuten vom Land mittels komödiantischer Unterhaltung das sozialistische System nahezulegen. Die Unterhaltung stehe dennoch im Vordergrund, betont Herr Pawelczik.

Der Projektkurs Geschichte trug einen großen Anteil dazu bei, dieses alte Kunstwerk mitsamt seinen vergessenen Geschichten wieder zum Leben zu erwecken.

Ein riesengroßer Dank geht an den Förderverein des Schillers, welche für die Finanzierung des Computerprogramms sorgte und das Ganze somit erst möglich gemacht hat.